e-fundresearch.com #AssetAllocationForum | China: Hoffnungslose Blackbox oder attraktiver Einstiegszeitpunkt?
Von öffentlicher Kritik an Tech-Unternehmen bis hin zur staatlichen verordneten Transformation von Nachhilfe-Plattformen in Non-Profit-Organisationen: Das radikale Eingreifen der chinesische Regierung hatte in den vergangenen Wochen zu signifikanten Kursverlusten geführt und viele Investoren auf dem falschen Fuß erwischt.
Marktteilnehmer stellen sich nun berechtigterweise die Frage, ob sich der chinesische Kapitalmarkt damit endgültig zur nicht investierbaren Blackbox entwickelt hat oder sich gerade jetzt ein äußerst attraktiver Einstiegszeitpunkt für Langfristinvestoren ergibt.
Um unserer Leserschaft einen möglichst breiten Überblick darüber verschaffen zu können, wie Expert:innen die aktuelle Lage einschätzen, haben wir Fondsmanager, Analysten, CIOs, Kapitalmarkstrategen, Dachfondsmanager, Fondsselektoren und institutionelle Investoren aus dem e-fundresearch.com Netzwerk mit folgender konkreter Fragestellung konfrontiert:
Wie haben Sie auf die jüngsten Ereignisse am chinesischen Kapitalmarkt reagiert und: Kann man nach diesem Newsflow als (westlicher) Investor bzw. Treuhänder überhaupt noch seriös in chinesische Aktien investieren?
Alle Expertenstatements haben wir Ihnen in der nachfolgenden Antwortgalerie sowie weiter unten auch als Antwortauflistung übersichtlich zusammengefasst - wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und wertvolle Anregungen für Ihre Asset Allokation:
Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement, DJE Kapital AG
Natasha Ebtehadj, Portfoliomanagerin für globale Aktien, Columbia Threadneedle Investments
Viele Marktteilnehmer fragen sich, ob Investitionen in China angesichts der neuen politischen Gangart dort angebracht sind. Unserer Meinung nach ist es zu früh, um konkrete Schlüsse zu ziehen. Denn unserem Verständnis nach bekennt sich die chinesische Regierung nach wie vor zu den Prinzipien des Marktes. Verbote hinsichtlich der Gewinnorientierung von Unternehmen dürften sich auf den Bildungsbereich beschränken.
Die chinesische Wirtschaft entwickelt sich weiter. Dazu gehört, dass einige Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen. Wie die Gewinnprofile dieser Firmen in drei bis fünf Jahren aussehen werden, ist unklar. Unserer Schätzung nach betrifft dies etwa 40 Prozent des chinesischen Aktienmarktes. Infolgedessen dürfte es teilweise zu Bewertungsabschlägen kommen.
Gleichzeitig bleibt China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, so dass sich weiterhin Anlagechancen bieten. Wir halten einige Unternehmen mit signifikantem China-Geschäft. Und wir sind optimistisch, was deren Wachstumsaussichten angeht – insbesondere, wenn ihre Geschäftsmodelle in Einklang mit den politischen Zielen stehen. Beispielsweise dürften Chinas Pläne zur Dekarbonisierung Herstellern von Elektrofahrzeugen und deren Zulieferern Rückenwind bescheren.Brian Bandsma, Portfolio Manager, Vontobel Asset Management
Wer in China investiert, sollte sich im Klaren sein, dass die Entscheidungen der KPCh absoluten Vorrang haben. Unternehmen haben keine Möglichkeit, sich vor Gericht zu verteidigen. Auch wenn das chinesische Bekenntnis zu Kapitalmärkten und Privateigentum weiterhin Bestand haben dürfte, sollte klar sein, dass Investitionen in China mit einem erhöhten Risiko einhergehen.
Es mehren sich die Anzeichen, dass die Regierung erkennt, bei den Veränderungen zu schnell gewesen zu sein und dass ein ungeordneter Abverkauf an den Märkten die Volkswirtschaft schädigen kann. Daher ist damit zu rechnen, dass bald mehr getan wird, um den Abverkauf zu stabilisieren.
Sollte die Regierung ihr Ziel erreichen, den finanziellen Druck auf Haushalte und kleinere Unternehmen zu mindern, so wäre der erste Vorteil ein Anstieg der Ausgaben für zyklische Konsumgüter. Folglich dürften Unternehmen, die Basiskonsumgüter, zyklische Konsumgüter oder Reise- und Unterhaltungsangebote verkaufen, besonders schnell profitieren. Angesichts dieser Herausforderungen sollten sich Anleger auf die Zielsetzung der chinesischen Regierung abstimmen oder versuchen, nicht in jene Unternehmen zu investieren, die diesen Zielen im Wege stehen.Mag. Patrick Poik, Head of Portfoliomanagement, MKP Invest Gesellschaft mbH
Chinas Tech- und Internet-Giganten sind in das Visier der Behörden ihres Landes geraten. Von einer unerwartet massiven Regulierung war auch der private Bildungssektor betroffen: Die Aktie des E-Learning Anbieters TAL-Education verlor nach der Bekanntgabe, dass im Bildungssektor keine Gewinne mehr erwirtschaftet werden dürfen, an nur einem Handelstag -70% an Wert.
Das Umfeld für chinesische Unternehmen mit Tech- und Internet-Bezug wird schwierig bleiben; weitere negative Nachrichten sind nicht auszuschließen. Die Regulierungsoffensive der chinesischen Regierung, die ja bereits aus der Vergangenheit für ihre harte Linie bekannt ist, könnte durchaus auch noch länger anhalten.
Trotzdem wäre es möglich, dass sich die Redewendung "politische Börsen haben kurze Beine" bewahrheitet: Langfristig gesehen könnte der Rücksetzer bei chinesischen Aktien ein guter Einstiegszeitpunkt für spekulativ orientierte Investoren sein. Die Wachstumsaussichten des chinesischen Marktes bleiben attraktiv, ausgewählte Unternehmen weisen nach der jüngsten Korrektur eine historisch günstige Bewertung auf.Nick Payne, Head of Strategy, Global Emerging Markets Focus, Jupiter Asset Management
100 Jahre nach Gründung der KPCh ist ein Umdenken der Regierung zu beobachten. Statt Wachstum um jeden Preis steht nun sozial inklusives Wachstum mit nachhaltigen Ergebnissen im Fokus. Die Regulierungszyklen sind jedoch nicht neu. Das harte Durchgreifen gegen private Bildungsunternehmen ist etwas anderes, aber schon vor einigen Jahren sagte Präsident Xi, dass er in diesem Bereich kein privates Kapital wünscht. Bei der Verschärfung der Vorschriften für Techunternehmen geht es um den individuellen Datenschutz (nach Vorbild der EU-DSGVO), verbessertes Arbeitsrecht und strengere Kartellvorschriften. Viele dieser Maßnahmen verdeutlichen, dass Unternehmen innovativ sind und neue Märkte erschlossen haben – und zwar so schnell, dass die Regulierungsbehörden nicht Schritt halten konnten.
Unsere Global Emerging Markets Focus Strategie weist im Vergleich zur Benchmark weiterhin ein unterdurchschnittliches China-Exposure auf, jedoch wird China für uns eine wichtige Quelle für Anlagemöglichkeiten bleiben. Wir haben die jüngste Kursschwäche genutzt, um Positionen in China selektiv aufzustocken und zwei neue Positionen in Unternehmen einzugehen, die nicht direkt von der Regulierung betroffen sind.Mike Kerley, Portfoliomanager, Janus Henderson Investors
Die Maßnahmen selbst waren keine große Überraschung. Was einige Anleger vielleicht überrascht hat, ist das Ausmaß und der Zeitpunkt. Der Befehl von oben wurde von den Regulierungsbehörden überstürzt und ohne Koordination oder Berücksichtigung der Konsequenzen umgesetzt. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis der Internet-Sektor so groß wurde, dass er die staatlichen Zuständigkeiten tangiert. Und gleichzeitig war klar, dass ein Übermaß an Profitabilität in Kernbereichen wie Bildung, Gesundheit und Eigentum nur eine gewisse Zeit lang toleriert werden würde.
Zweifellos haben die neuen Regularien den Markt verunsichert. Kurz- bis mittelfristig wird dies andauern, aber sich legen, sobald wieder auf die Unternehmen und nicht auf die Regierungspolitik geachtet wird. Wir vermuten, dass die Gewinnkorrekturen in den kommenden Monaten gering ausfallen werden, da die Analysten ihre Margenerwartungen anpassen. Wir gehen davon aus, dass die Erträge weiterhin im Einklang mit einer Wirtschaft mit einem hohen einstelligen nominalen BIP-Wachstum wachsen werden, sodass sich vermutlich weiterhin Chancen ergeben werden.David Striegl, Leiter Aktienfondsmanagement, KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft
Karl Freidl, Leiter Vermögens- /Fondsmanagement, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG
Catherine Yeung, Investment Director, Fidelity International
Die jüngsten regulatorischen Änderungen bekräftigen unsere Ansicht, dass die politischen Entwicklungen in China weiterhin eng überwacht werden müssen. Sie bleiben ein Faktor bei Investitionen in China und müssen in das eigene Risiko-Rendite-Profil einbezogen werden.
Niemand kann die Details jeder politischen Maßnahme vorhersagen (wie z. B. die jüngste im Bereich Bildung), aber es ist wichtig, den historischen Kontext und die längerfristigen Ziele im Auge zu behalten. China hat klare Prioritäten in puncto Wirtschaftswachstum, darunter die (erneute) Verdopplung des Pro-Kopf-BIP bis 2035. Ein vitaler Privatsektor ist für die Erreichung dieses Ziels unerlässlich. Der Fokus auf Innovation wird ebenfalls immer wichtiger - viele der Unternehmen in den nun besprochenen Sektoren sind nicht nur große Arbeitgeber und Wachstumsmotoren, sondern auch Innovationsmotoren. China hat auch keinen Hehl aus seinen Zielen gemacht, was die Entwicklung seiner Kapitalmärkte und die Internationalisierung des RMB angeht.Maarten-Jan Bakkum, Senior Emerging Market Strategist, NN Investment Partners
Vladimir Oleinikov, EM Equity Strategist, Generali Insurance Asset Management S.p.A.
Norbert Goerlitz, Managing Director, Argentum Asset Management
Die positiven Aussichten für China bleiben intakt
„East rising, West declining“ – der Osten steigt auf, der Westen steigt ab. Mit diesem Zitat aus der Global Times stimmen wir so nicht ganz überein, doch aus unserer Sicht gehört China definitiv in den Masterplan. Wir denken, dass jeder seinen Kenntnisstand und die bisherigen Erfahrungen mit China gründlich überdenken sollte – im Gegensatz zu George Soros hat sich etwa Cathie Wood von Ark Invest für China entschieden.
Wie viele Investoren waren auch wir wegen Chinas harschen Regulierungsmaßnahmen und der heftigen Kursverluste zunächst unsicher, schließlich machen chinesische Werte mehr als 23 Prozent in unserem „Argentum Dynamic Future“ aus. Aber: Die positiven Aussichten für China bleiben intakt. Nach Auswertung aller Analyse- und Fundamentaldaten und der Berücksichtigung von Indien als Alternative, glauben wir weiterhin an einen starken Binnenmarkt. Im Vergleich zu Indien beispielsweise hat China ein 5,5-faches Bruttoinlandsprodukt und eine doppelt so hohe Börsenkapitalisierung.
Künftig sollte jeder Investor selektiver bei der Auswahl vorgehen. Nicht alle Branchen in China sind von den Regulierungen beeinträchtigt – 5G, Wasserstoff-Technologie und Robotik bspw. .Jean-Marie Mercadal, CEO von Synicap Hong Kong und Head of Investment Strategies, OFI Asset Management
Nicholas Yeo, Head of Equities China & Hong Kong, Aberdeen Standard Investments
Alastair Campbell, Investment Manager, Aegon Asset Management
Politische Veränderungen machen chinesische Aktien nicht uninteressant, aber sie zwingen die Anleger, ihre Portfolios anzupassen. Die Befürchtung der Anleger, dass China in eine Phase eintritt, in der die Vermögensbildung auf breiter Front eingeschränkt wird, ist übertrieben. Präsident Xi kündigte an, die Eigentumsrechte und die Rechte an geistigem Eigentum zu schützen. China braucht den Privatsektor, denn er stellt 80 % der Arbeitsplätze im Land und hat den Wohlstand geschaffen, der die Partei an der Macht gehalten hat.
Es ist eine Regulierungsinitiative im Gange, um den Wettbewerb zu fördern und die Rechte von Verbrauchern und kleinen Unternehmen in China zu schützen. Alle Länder stehen weltweit vor der Herausforderung, wie sie Internetmonopole regulieren können. Viele der chinesischen Internetunternehmen dürften langfristig immer noch gute Renditen abwerfen, aber es gibt kaum Anzeichen dafür, dass das derzeitige harte Durchgreifen der Regulierungsbehörden sich dem Ende nähert. Regulatorische Veränderungen werden bei einigen Unternehmen zu einer geringeren Rentabilität führen, andere Unternehmen werden weiterhin von der politischen Unterstützung profitieren.Jie Song, Investment Specialist for Emerging Market and China, UBS Asset Management
Patrick Linden, Geschäftsführer Deutschland und Partner, Clartan Associés
Rob Almeida, Portfoliomanager und Globaler Investmentstratege, MFS Investment Management
China war schon immer ein stark regulierter Markt. Vorschriften werden erlassen, weiterentwickelt und manchmal wieder aufgehoben, und sie betreffen jeden Sektor. Daher haben chinesische Aktien ein größeres Risiko als die meisten globalen Aktien, und chinesische Internetaktien sind nochmal riskanter. Diese Risiken müssen jedoch gegen Chinas riesigen adressierbaren Gesamtmarkt abgewogen werden.
Einige der Risiken sind bekannt und über sie wird berichtet. Unser Ansatz besteht jedoch darin, eine breite Palette von Aufwärts- und Abwärtsrisiken zu analysieren, einschließlich extremer Ereignisse, um das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag zu optimieren. Wir prüfen jede Investitionsmöglichkeit in China gründlich unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Nachhaltigkeit der Aktionärsrenditen, mit Fokus auf staatlicher Regulierung und Unternehmensführung. Wir wollen nicht die mit Investitionen in China verbundenen Risiken vermeiden, sondern sie sorgfältig abwägen. Denn es ist wichtig Unternehmen zu identifizieren, die von erfahrenen Unternehmern geführt werden, die in der Lage sind, innerhalb der staatlichen Strukturen zu wirtschaften und zu gedeihen. Das ist für uns der Sweet Spot.Martin Lau, Portfoliomanager und Managing Partner, FSSA Investment Managers
Noch Ende des vergangenen Jahres hielten viele Anleger aufgrund der Wertentwicklung China für eine der besten Investitionsmöglichkeiten der Welt. Im Fokus waren vor allem chinesische Elektrofahrzeuge und Internetplattformen, da sie als ebenso stark wie die der USA galten.
Doch diese positive Stimmung hat sich kürzlich gedreht. Den Grund dafür liefern die stärkeren Regulierungen für Internetunternehmen und den Bildungssektor.
Unserer Meinung nach sind die strengeren Regulierungen nicht neu. China hat schon immer in das Marktgeschehen eingegriffen. Doch nun nehmen die Investoren das politische Top-Down-Risiko wahr. Wir empfinden das zunehmende Risikobewusstsein als vorteilhaft.
Schließlich ist der beste Investmentzeitpunkt, wenn die Risikoprämie hoch ist. Fällt der Aktienkurs für ein für uns interessantes Unternehmen um 20 Prozent, wird es unter den sonst gleichen Bedingungen attraktiver.
Wenn ein Unternehmen überzeugt und sich für die Zukunft höhere Gewinne erwarten lassen, ist die Rendite dieser Aktie nur begrenzt davon abhängig, ob China derweil ein oder zwei Branchen für weitere Regulierungen in den Blick nimmt. Entscheidend ist, dass die Aktienkurse den Gewinnen folgen.Lars Kreckel, Global Equity Strategist, Legal & General Investment Management (LGIM)
2021 haben chinesische Tech-Aktien durch die staatlichen Eingriffe weltweit mit am schlechtesten abgeschnitten. Es hat eine Weile gedauert, bis sowohl Investoren als auch Chinas eigene Tech-Giganten erkannten, dass sie Zeugen eines strukturellen Wandels und nicht einer Reihe idiosynkratischer Ereignisse sind. Die Fundamentaldaten der Branche haben sich erheblich verschlechtert, und mangelnde Transparenz und ein wohl geringeres zukünftiges Gewinnwachstum rechtfertigen niedrigere Bewertungen. Doch es dürfte kaum in Chinas Interesse liegen, seine Tech-Champions zu zerstören.
Vielmehr sollen sich die Unternehmen stärker an den sozialen und politischen Zielen des Staates ausrichten, also etwa der Steigerung des Lebensstandards (z.B. durch Bildung), dem Schutz sensibler Daten (vor ausländischem Eigentum) oder der Reduzierung finanzieller Risiken (durch die Einschränkung von FinTech).
Aktuell ist Vorsicht geboten. Noch sind Dauer und Ausmaß der Regulierung unklar, so dass sich die Wirkung auf die Erträge der nächsten Jahre nicht einschätzen lässt. Unser Ansatz: Sich gegen ein Überschießen nach unten wappnen und in diesem Fall das Engagement in chinesischen Tech-Unternehmen erhöhen.Lilian Co, Fondsmanagerin, E.I. Sturdza Strategic Management Limited
Prof. Dr. Jan Viebig, CIO, ODDO BHF
Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management GmbH
In China wird ein Teil der Wertschöpfung umverteilt. Die Kommunistische Partei schöpft bei den Unternehmen mehr ab. Tatsächlich versucht die politische Führung so, soziale Ungleichgewichte abzufedern. Nun steigen u.a. die Unternehmenssteuern deutlich an. Doch selbst nach einem Anstieg der Steuern auf 25% ist das im internationalen Vergleich immer noch günstig. Daher bleibt China aus Investorensicht weiterhin spannend.
Ein politisches Risiko war eigentlich immer da, jetzt wurde es wieder deutlich. Aber einige Unternehmen, vor allem aus dem Technologiesektor, bieten so attraktive Shareholder Returns, dass wir diese Risiken für vertretbar halten.
Die direkten Eingriffe in die Wirtschaft haben die Aktien massiv belastet. Das mag bei Unternehmen aus den direkt betroffenen Sektoren wie eben E-Learning berechtigt sein. Doch viele große Tech-Giganten wie Alibaba oder auch Tencent Holdings sind ebenfalls massiv mit in den Abwärtssog gezogen worden. Das sehen wir als übertrieben an und haben die Positionen hier zuletzt aufgestockt, denn diese Konzerne haben breit diversifizierte Geschäftsmodelle, die trotz der Einschränkungen auch in Zukunft stabile Erträge versprechen.Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research & Portfoliomanagement, DJE Kapital AG
Natasha Ebtehadj, Portfoliomanagerin für globale Aktien, Columbia Threadneedle Investments
Viele Marktteilnehmer fragen sich, ob Investitionen in China angesichts der neuen politischen Gangart dort angebracht sind. Unserer Meinung nach ist es zu früh, um konkrete Schlüsse zu ziehen. Denn unserem Verständnis nach bekennt sich die chinesische Regierung nach wie vor zu den Prinzipien des Marktes. Verbote hinsichtlich der Gewinnorientierung von Unternehmen dürften sich auf den Bildungsbereich beschränken.
Die chinesische Wirtschaft entwickelt sich weiter. Dazu gehört, dass einige Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen. Wie die Gewinnprofile dieser Firmen in drei bis fünf Jahren aussehen werden, ist unklar. Unserer Schätzung nach betrifft dies etwa 40 Prozent des chinesischen Aktienmarktes. Infolgedessen dürfte es teilweise zu Bewertungsabschlägen kommen.
Gleichzeitig bleibt China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, so dass sich weiterhin Anlagechancen bieten. Wir halten einige Unternehmen mit signifikantem China-Geschäft. Und wir sind optimistisch, was deren Wachstumsaussichten angeht – insbesondere, wenn ihre Geschäftsmodelle in Einklang mit den politischen Zielen stehen. Beispielsweise dürften Chinas Pläne zur Dekarbonisierung Herstellern von Elektrofahrzeugen und deren Zulieferern Rückenwind bescheren.Brian Bandsma, Portfolio Manager, Vontobel Asset Management
Wer in China investiert, sollte sich im Klaren sein, dass die Entscheidungen der KPCh absoluten Vorrang haben. Unternehmen haben keine Möglichkeit, sich vor Gericht zu verteidigen. Auch wenn das chinesische Bekenntnis zu Kapitalmärkten und Privateigentum weiterhin Bestand haben dürfte, sollte klar sein, dass Investitionen in China mit einem erhöhten Risiko einhergehen.
Es mehren sich die Anzeichen, dass die Regierung erkennt, bei den Veränderungen zu schnell gewesen zu sein und dass ein ungeordneter Abverkauf an den Märkten die Volkswirtschaft schädigen kann. Daher ist damit zu rechnen, dass bald mehr getan wird, um den Abverkauf zu stabilisieren.
Sollte die Regierung ihr Ziel erreichen, den finanziellen Druck auf Haushalte und kleinere Unternehmen zu mindern, so wäre der erste Vorteil ein Anstieg der Ausgaben für zyklische Konsumgüter. Folglich dürften Unternehmen, die Basiskonsumgüter, zyklische Konsumgüter oder Reise- und Unterhaltungsangebote verkaufen, besonders schnell profitieren. Angesichts dieser Herausforderungen sollten sich Anleger auf die Zielsetzung der chinesischen Regierung abstimmen oder versuchen, nicht in jene Unternehmen zu investieren, die diesen Zielen im Wege stehen.Mag. Patrick Poik, Head of Portfoliomanagement, MKP Invest Gesellschaft mbH
Chinas Tech- und Internet-Giganten sind in das Visier der Behörden ihres Landes geraten. Von einer unerwartet massiven Regulierung war auch der private Bildungssektor betroffen: Die Aktie des E-Learning Anbieters TAL-Education verlor nach der Bekanntgabe, dass im Bildungssektor keine Gewinne mehr erwirtschaftet werden dürfen, an nur einem Handelstag -70% an Wert.
Das Umfeld für chinesische Unternehmen mit Tech- und Internet-Bezug wird schwierig bleiben; weitere negative Nachrichten sind nicht auszuschließen. Die Regulierungsoffensive der chinesischen Regierung, die ja bereits aus der Vergangenheit für ihre harte Linie bekannt ist, könnte durchaus auch noch länger anhalten.
Trotzdem wäre es möglich, dass sich die Redewendung "politische Börsen haben kurze Beine" bewahrheitet: Langfristig gesehen könnte der Rücksetzer bei chinesischen Aktien ein guter Einstiegszeitpunkt für spekulativ orientierte Investoren sein. Die Wachstumsaussichten des chinesischen Marktes bleiben attraktiv, ausgewählte Unternehmen weisen nach der jüngsten Korrektur eine historisch günstige Bewertung auf.Nick Payne, Head of Strategy, Global Emerging Markets Focus, Jupiter Asset Management
100 Jahre nach Gründung der KPCh ist ein Umdenken der Regierung zu beobachten. Statt Wachstum um jeden Preis steht nun sozial inklusives Wachstum mit nachhaltigen Ergebnissen im Fokus. Die Regulierungszyklen sind jedoch nicht neu. Das harte Durchgreifen gegen private Bildungsunternehmen ist etwas anderes, aber schon vor einigen Jahren sagte Präsident Xi, dass er in diesem Bereich kein privates Kapital wünscht. Bei der Verschärfung der Vorschriften für Techunternehmen geht es um den individuellen Datenschutz (nach Vorbild der EU-DSGVO), verbessertes Arbeitsrecht und strengere Kartellvorschriften. Viele dieser Maßnahmen verdeutlichen, dass Unternehmen innovativ sind und neue Märkte erschlossen haben – und zwar so schnell, dass die Regulierungsbehörden nicht Schritt halten konnten.
Unsere Global Emerging Markets Focus Strategie weist im Vergleich zur Benchmark weiterhin ein unterdurchschnittliches China-Exposure auf, jedoch wird China für uns eine wichtige Quelle für Anlagemöglichkeiten bleiben. Wir haben die jüngste Kursschwäche genutzt, um Positionen in China selektiv aufzustocken und zwei neue Positionen in Unternehmen einzugehen, die nicht direkt von der Regulierung betroffen sind.Mike Kerley, Portfoliomanager, Janus Henderson Investors
Die Maßnahmen selbst waren keine große Überraschung. Was einige Anleger vielleicht überrascht hat, ist das Ausmaß und der Zeitpunkt. Der Befehl von oben wurde von den Regulierungsbehörden überstürzt und ohne Koordination oder Berücksichtigung der Konsequenzen umgesetzt. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis der Internet-Sektor so groß wurde, dass er die staatlichen Zuständigkeiten tangiert. Und gleichzeitig war klar, dass ein Übermaß an Profitabilität in Kernbereichen wie Bildung, Gesundheit und Eigentum nur eine gewisse Zeit lang toleriert werden würde.
Zweifellos haben die neuen Regularien den Markt verunsichert. Kurz- bis mittelfristig wird dies andauern, aber sich legen, sobald wieder auf die Unternehmen und nicht auf die Regierungspolitik geachtet wird. Wir vermuten, dass die Gewinnkorrekturen in den kommenden Monaten gering ausfallen werden, da die Analysten ihre Margenerwartungen anpassen. Wir gehen davon aus, dass die Erträge weiterhin im Einklang mit einer Wirtschaft mit einem hohen einstelligen nominalen BIP-Wachstum wachsen werden, sodass sich vermutlich weiterhin Chancen ergeben werden.David Striegl, Leiter Aktienfondsmanagement, KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft
Karl Freidl, Leiter Vermögens- /Fondsmanagement, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG
Catherine Yeung, Investment Director, Fidelity International
Die jüngsten regulatorischen Änderungen bekräftigen unsere Ansicht, dass die politischen Entwicklungen in China weiterhin eng überwacht werden müssen. Sie bleiben ein Faktor bei Investitionen in China und müssen in das eigene Risiko-Rendite-Profil einbezogen werden.
Niemand kann die Details jeder politischen Maßnahme vorhersagen (wie z. B. die jüngste im Bereich Bildung), aber es ist wichtig, den historischen Kontext und die längerfristigen Ziele im Auge zu behalten. China hat klare Prioritäten in puncto Wirtschaftswachstum, darunter die (erneute) Verdopplung des Pro-Kopf-BIP bis 2035. Ein vitaler Privatsektor ist für die Erreichung dieses Ziels unerlässlich. Der Fokus auf Innovation wird ebenfalls immer wichtiger - viele der Unternehmen in den nun besprochenen Sektoren sind nicht nur große Arbeitgeber und Wachstumsmotoren, sondern auch Innovationsmotoren. China hat auch keinen Hehl aus seinen Zielen gemacht, was die Entwicklung seiner Kapitalmärkte und die Internationalisierung des RMB angeht.Maarten-Jan Bakkum, Senior Emerging Market Strategist, NN Investment Partners
Vladimir Oleinikov, EM Equity Strategist, Generali Insurance Asset Management S.p.A.
Norbert Goerlitz, Managing Director, Argentum Asset Management
Die positiven Aussichten für China bleiben intakt
„East rising, West declining“ – der Osten steigt auf, der Westen steigt ab. Mit diesem Zitat aus der Global Times stimmen wir so nicht ganz überein, doch aus unserer Sicht gehört China definitiv in den Masterplan. Wir denken, dass jeder seinen Kenntnisstand und die bisherigen Erfahrungen mit China gründlich überdenken sollte – im Gegensatz zu George Soros hat sich etwa Cathie Wood von Ark Invest für China entschieden.
Wie viele Investoren waren auch wir wegen Chinas harschen Regulierungsmaßnahmen und der heftigen Kursverluste zunächst unsicher, schließlich machen chinesische Werte mehr als 23 Prozent in unserem „Argentum Dynamic Future“ aus. Aber: Die positiven Aussichten für China bleiben intakt. Nach Auswertung aller Analyse- und Fundamentaldaten und der Berücksichtigung von Indien als Alternative, glauben wir weiterhin an einen starken Binnenmarkt. Im Vergleich zu Indien beispielsweise hat China ein 5,5-faches Bruttoinlandsprodukt und eine doppelt so hohe Börsenkapitalisierung.
Künftig sollte jeder Investor selektiver bei der Auswahl vorgehen. Nicht alle Branchen in China sind von den Regulierungen beeinträchtigt – 5G, Wasserstoff-Technologie und Robotik bspw. .Jean-Marie Mercadal, CEO von Synicap Hong Kong und Head of Investment Strategies, OFI Asset Management
Nicholas Yeo, Head of Equities China & Hong Kong, Aberdeen Standard Investments
Alastair Campbell, Investment Manager, Aegon Asset Management
Politische Veränderungen machen chinesische Aktien nicht uninteressant, aber sie zwingen die Anleger, ihre Portfolios anzupassen. Die Befürchtung der Anleger, dass China in eine Phase eintritt, in der die Vermögensbildung auf breiter Front eingeschränkt wird, ist übertrieben. Präsident Xi kündigte an, die Eigentumsrechte und die Rechte an geistigem Eigentum zu schützen. China braucht den Privatsektor, denn er stellt 80 % der Arbeitsplätze im Land und hat den Wohlstand geschaffen, der die Partei an der Macht gehalten hat.
Es ist eine Regulierungsinitiative im Gange, um den Wettbewerb zu fördern und die Rechte von Verbrauchern und kleinen Unternehmen in China zu schützen. Alle Länder stehen weltweit vor der Herausforderung, wie sie Internetmonopole regulieren können. Viele der chinesischen Internetunternehmen dürften langfristig immer noch gute Renditen abwerfen, aber es gibt kaum Anzeichen dafür, dass das derzeitige harte Durchgreifen der Regulierungsbehörden sich dem Ende nähert. Regulatorische Veränderungen werden bei einigen Unternehmen zu einer geringeren Rentabilität führen, andere Unternehmen werden weiterhin von der politischen Unterstützung profitieren.Jie Song, Investment Specialist for Emerging Market and China, UBS Asset Management
Patrick Linden, Geschäftsführer Deutschland und Partner, Clartan Associés
Rob Almeida, Portfoliomanager und Globaler Investmentstratege, MFS Investment Management
China war schon immer ein stark regulierter Markt. Vorschriften werden erlassen, weiterentwickelt und manchmal wieder aufgehoben, und sie betreffen jeden Sektor. Daher haben chinesische Aktien ein größeres Risiko als die meisten globalen Aktien, und chinesische Internetaktien sind nochmal riskanter. Diese Risiken müssen jedoch gegen Chinas riesigen adressierbaren Gesamtmarkt abgewogen werden.
Einige der Risiken sind bekannt und über sie wird berichtet. Unser Ansatz besteht jedoch darin, eine breite Palette von Aufwärts- und Abwärtsrisiken zu analysieren, einschließlich extremer Ereignisse, um das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag zu optimieren. Wir prüfen jede Investitionsmöglichkeit in China gründlich unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Nachhaltigkeit der Aktionärsrenditen, mit Fokus auf staatlicher Regulierung und Unternehmensführung. Wir wollen nicht die mit Investitionen in China verbundenen Risiken vermeiden, sondern sie sorgfältig abwägen. Denn es ist wichtig Unternehmen zu identifizieren, die von erfahrenen Unternehmern geführt werden, die in der Lage sind, innerhalb der staatlichen Strukturen zu wirtschaften und zu gedeihen. Das ist für uns der Sweet Spot.Martin Lau, Portfoliomanager und Managing Partner, FSSA Investment Managers
Noch Ende des vergangenen Jahres hielten viele Anleger aufgrund der Wertentwicklung China für eine der besten Investitionsmöglichkeiten der Welt. Im Fokus waren vor allem chinesische Elektrofahrzeuge und Internetplattformen, da sie als ebenso stark wie die der USA galten.
Doch diese positive Stimmung hat sich kürzlich gedreht. Den Grund dafür liefern die stärkeren Regulierungen für Internetunternehmen und den Bildungssektor.
Unserer Meinung nach sind die strengeren Regulierungen nicht neu. China hat schon immer in das Marktgeschehen eingegriffen. Doch nun nehmen die Investoren das politische Top-Down-Risiko wahr. Wir empfinden das zunehmende Risikobewusstsein als vorteilhaft.
Schließlich ist der beste Investmentzeitpunkt, wenn die Risikoprämie hoch ist. Fällt der Aktienkurs für ein für uns interessantes Unternehmen um 20 Prozent, wird es unter den sonst gleichen Bedingungen attraktiver.
Wenn ein Unternehmen überzeugt und sich für die Zukunft höhere Gewinne erwarten lassen, ist die Rendite dieser Aktie nur begrenzt davon abhängig, ob China derweil ein oder zwei Branchen für weitere Regulierungen in den Blick nimmt. Entscheidend ist, dass die Aktienkurse den Gewinnen folgen.Lars Kreckel, Global Equity Strategist, Legal & General Investment Management (LGIM)
2021 haben chinesische Tech-Aktien durch die staatlichen Eingriffe weltweit mit am schlechtesten abgeschnitten. Es hat eine Weile gedauert, bis sowohl Investoren als auch Chinas eigene Tech-Giganten erkannten, dass sie Zeugen eines strukturellen Wandels und nicht einer Reihe idiosynkratischer Ereignisse sind. Die Fundamentaldaten der Branche haben sich erheblich verschlechtert, und mangelnde Transparenz und ein wohl geringeres zukünftiges Gewinnwachstum rechtfertigen niedrigere Bewertungen. Doch es dürfte kaum in Chinas Interesse liegen, seine Tech-Champions zu zerstören.
Vielmehr sollen sich die Unternehmen stärker an den sozialen und politischen Zielen des Staates ausrichten, also etwa der Steigerung des Lebensstandards (z.B. durch Bildung), dem Schutz sensibler Daten (vor ausländischem Eigentum) oder der Reduzierung finanzieller Risiken (durch die Einschränkung von FinTech).
Aktuell ist Vorsicht geboten. Noch sind Dauer und Ausmaß der Regulierung unklar, so dass sich die Wirkung auf die Erträge der nächsten Jahre nicht einschätzen lässt. Unser Ansatz: Sich gegen ein Überschießen nach unten wappnen und in diesem Fall das Engagement in chinesischen Tech-Unternehmen erhöhen.Lilian Co, Fondsmanagerin, E.I. Sturdza Strategic Management Limited
Prof. Dr. Jan Viebig, CIO, ODDO BHF
Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege, Shareholder Value Management GmbH
In China wird ein Teil der Wertschöpfung umverteilt. Die Kommunistische Partei schöpft bei den Unternehmen mehr ab. Tatsächlich versucht die politische Führung so, soziale Ungleichgewichte abzufedern. Nun steigen u.a. die Unternehmenssteuern deutlich an. Doch selbst nach einem Anstieg der Steuern auf 25% ist das im internationalen Vergleich immer noch günstig. Daher bleibt China aus Investorensicht weiterhin spannend.
Ein politisches Risiko war eigentlich immer da, jetzt wurde es wieder deutlich. Aber einige Unternehmen, vor allem aus dem Technologiesektor, bieten so attraktive Shareholder Returns, dass wir diese Risiken für vertretbar halten.
Die direkten Eingriffe in die Wirtschaft haben die Aktien massiv belastet. Das mag bei Unternehmen aus den direkt betroffenen Sektoren wie eben E-Learning berechtigt sein. Doch viele große Tech-Giganten wie Alibaba oder auch Tencent Holdings sind ebenfalls massiv mit in den Abwärtssog gezogen worden. Das sehen wir als übertrieben an und haben die Positionen hier zuletzt aufgestockt, denn diese Konzerne haben breit diversifizierte Geschäftsmodelle, die trotz der Einschränkungen auch in Zukunft stabile Erträge versprechen.